In Portugal legt man auf gute Umgangsformen großen Wert. Schon lange vor dem deutschen Herrn Knigge kannte man die „ideale Etikette“. Die Portugiesen gelten schon seit dem 13. Jahrhundert als äußerst höfliches Volk. In seinem Buch Corte na Aldeia e Noites de Inverno stellt der Poet Francisco Rodrigues Lobo (1580-1622) in Dialogen unter anderem die idealen Formen des Umgangs miteinander in allen möglichen Situationen vor, von der Begrüßung bis zum Benehmen bei Tisch. So manches gerade bei der Begrüßung kommt Besuchern aus dem Ausland oft befremdlich vor...


Francisco Rodrigues Lobo (1580-1622) 
war der portugiesische "Knigge". 

Über die „guten Manieren“ in Portugal kann man in vielen Berichten und Büchern von Reisenden aus aller Welt nachlesen. Etwa in den „Erinnerungen deutscher Officiere in britischen Diensten aus den Kriegsjahren 1805 bis 1816“; dort steht zu lesen: „Auffallend erschien mir die gegenseitige große Höflichkeit der Portugiesen im Verkehre. Es war nicht ungewöhnlich, dass wenn ein Bettler mit einem andern zusammentraf, beide gegenseitig den Hut abzogen und der Begrüßung dann eine herzliche Umarmung folgen ließen.“ 

Für uns ungewohnt - für Portugiesen völlig normal

Wundern Sie sich nicht, dass sich scheinbar Fremde schon nach dem ersten Treffen mit Küsschen (beijinho) und/oder einer Umarmung (abraço) begrüßen. Tuchfühlung wird in Portugal eher positiv empfunden, Distanz erweckt eher Misstrauen. So kann es Ihnen durchaus passieren, dass Sie etwa auf Wohnungsuche sind und mit einem Makler mehrere Termine vereinbart haben.

Beim ersten Mal wird man sich natürlich mit Handschlag begrüßen - aber ab dem zweiten Treffen geht es unter Umständen (gerade auch unter Frauen) schon familiärer zu: Man trifft sich und begrüßt sich mit Küsschen links-rechts. Männer geben sich bei der Begrüßung normalerweise die Hand, gute Freunde umarmen sich allerdings durchaus. Bei guten Geschäftspartnern und unter Kollegen ist es auch üblich, sich mit Schulterklopfen zu begrüßen.

Der Tagesgruß: Wann sagt man was?

Bom dia - das entspricht in etwa unserem deutschen "Guten Morgen" - sagt man bis zur Mittagszeit. Danach folgt - bis zum Einbruch der Dunkelheit bzw. bis zum Abendessen - boa tarde (wörtlich: "Guten Nachmittag"). Später sagt man boa noite - was nicht unbedingt "gute Nacht" (wörtlich übersetzt) heißt, sondern eher unserem "guten Abend" entspricht.
Boa noite ist auch der Gruß "Gute Nacht", wenn man beispielsweise nach dem Abendessen ein Lokal verlässt.
Weniger formell begrüßt man sich auch mit olá.
Verlässt man z.B. ein Lokal oder Geschäft, kennt man in Portugal unser "Auf Wiedersehen" nicht: Formell sagt man einfach nochmals den Tagesgruß (bom dia, boa tarde oder boa noite).
Unter Bekannten und Freunden gibt es auch die Verabschiedung adeus und natürlich - falls man sich verabredet hat: até logo - "bis später", até já - "bis gleich" oder até amanhã - "bis morgen".
Achtung, kleine Falle: até logo man durchaus auch hören, wenn man sich erst am nächsten Tag wiedersieht...

Vor dem Urlaub wünscht man boas férias – „Schöne Ferien“ und vor Feiertagen boas festas – „Schöne Feiertage“.
Vergessen Sie am Freitag niemals, um bom fim de semana zu wünschen – „Schönes Wochenende“. Und wenn jemand das zu Ihnen sagt, erwidern Sie igualmente – „gleichfalls“.
„Einen schönen Tag noch“ wünscht man mit continuação de um bom dia. Richtet ein Portugiese cumprimentos em casa aus – also „Grüße an Ihre Familie zu Hause“ –, antworten Sie perfekt mit serão entregues – „sie werden ausgerichtet“.

Anrede

Titel sind in Portugal wichtig: Man sagt beispielsweise "Herr Ingenieur" (Senhor Engenheiro), Herr/Frau Doktor (Senhor/a Doutor/a) und solche Titel sind natürlich auch auf den Visitenkarten zu finden.

Kleiner Hinweis: professor/professora ist in Portugal kein Titel, sondern die Berufsbezeichnung für Lehrer/in.

Prinzipiell ist man eher formell - das "Du" ist nicht unbedingt schnell üblich, man bleibt eher bei der Anrede in der dritten Person. Wobei das natürlich auch altersabhängig ist: Unter Jüngeren duzt man sich schneller, auch in den Städten und bei bestimmten Berufsgruppen wie Künstlern, Journalisten etc. ist das "Du" üblicher. Allerdings: wenn ein/e ältere Herr/Dame einen duzt, bedeutet das nicht, dass er/sie einem das "Du" angeboten hat. Hier gilt dann eher: Der/die Ältere duzt Jüngere, der/die Jüngere siezt Ältere.

Aber meist spricht man sich sehr formell mit "a senhora" oder "o senhor" und dann in der dritten Person an. Also übersetzt ins Deutsche "Könnte die Dame mir helfen/würde der Herr mir sagen..." Es ist auch durchaus üblich, den Vor- und Familiennamen zur Anrede Senhora/Senhor zu stellen: also Senhor António Silva oder Senhora Maria Ferreira.

Es kann Ihnen auch durchaus passieren, dass man von und zu Ihnen a senhora estrangeira spricht (also "Frau Ausländerin") - dies ist aber nicht abwertend gemeint, sondern durchaus als besondere Höflichkeitsform zu verstehen.

Die "richtige" Anrede mit dem Namen ist beinahe eine kleine Wissenschaft:

  • Frauen spricht man nicht wie etwa in Deutschland mit "Frau + Familienname" an, sondern mit dem vollen Namen: also Senhora Maria Müller.
    "Nur" Senhora + Nachname würde bedeuten, dass Sie rangmäßig unter der Person stehen, die Sie anspricht...
    Bereits beim zweiten persönlichen Treffen (etwa beim Postboten, aber auch bei Nachbarn, im Job etc.) aber tituliert man die Frau mit Dona Maria - also dem "Ehrentitel" Dona und lediglich dem Vornamen.
    Will man besonderen Respekt bezeugen, setzt man noch ein Senhora davor: also Senhora Dona Maria. Das kann Ihnen beispielsweise passieren, wenn Sie eine rüstige ältere Dame sind. Aber auch, wenn Sie am Telefon etwa überzeugt werden sollen, Ihren Tarif bei der Telecom umzustellen. Schließlich muss  der Kundenberater besonderen Respekt bezeugen, um zu einem Abschluss zu kommen...
  • Der entsprechende männliche Titel Dom ist in Portugal ausschließlich dem König vorbehalten (bzw. dem Familienoberhaupt der königlichen Familie). Männer werden nach dem ersten Treffen gerne mit Sô Luís angesprochen - also ebenfalls lediglich dem Vornamen. Das  ist eine Kurzform von Senhor. In offiziellen Briefen übrigens geht es noch formeller zu:  Da spricht man allgemein Excelentíssimo/ma  Senhor/a - also "hochverehrte/r Herr/Frau..." abgekürzt wird dies dann Exmo bzw. Exm

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