Homeschooling in Portugal: Rechte, Pflichten und aktuelle Regelungen

Trotz allgemeiner Schulpflicht ist in Portugal das sogenannte Ensino Doméstico möglich – also der Unterricht der Kinder im häuslichen Umfeld, statt im Klassenraum. Diese Form des Lernens ist gesetzlich geregelt und stellt eine Alternative zum klassischen Schulbesuch dar. Sie wird von Familien gewählt, die aus pädagogischen, weltanschaulichen oder praktischen Gründen auf individuelles Lernen setzen möchten.​

In den letzten Jahren wurde das Regelwerk für den Hausunterricht deutlich überarbeitet. Insbesondere gelten heute klarere Anforderungen an die unterrichtenden Eltern, und die Lehrinhalte müssen stärker am offiziellen Curriculum ausgerichtet sein. Der Hausunterricht ist dadurch strukturierter, aber auch reglementierter geworden.

Nähere Informationen und die benötigten Voraussetzungen für Homeschooling

Hinweis: Die hier aufgeführten Informationen bieten eine erste Orientierung. Die jeweils aktuell geltenden Regelungen sollten stets direkt bei der zuständigen Schule oder beim Bildungsministerium erfragt werden.

 

Anmeldung zum Hausunterricht

Formale Schritte und Voraussetzungen für den Einstieg

Kinder im Heimunterricht müssen weiterhin jährlich an der öffentlichen Schule ihres Wohnortes angemeldet werden. Diese Einschreibung ist verpflichtend, da sie die rechtliche Grundlage für die Teilnahme an Prüfungen und die Anerkennung des Bildungsweges bildet.

Wichtig für Eltern

Die Schule muss jedes Jahr zustimmen, dass das Kind im Hausunterricht verbleibt.
Es besteht kein Anspruch auf Hausunterricht – die Zustimmung liegt im Ermessen der Schulleitung.
Der Unterricht muss jährlich dokumentiert und regelmäßig pädagogisch überprüft werden.
Wer sich nicht an die Regelungen hält, riskiert die Aberkennung des Heimunterrichts und ggf. Schulzwang.

  Bei der Anmeldung sind wie bei allen Schülern die üblichen Unterlagen einzureichen:

  • aktueller Impfstatus
  • ärztliche Bescheinigung über die Schulunbedenklichkeit
  • ggf. ein Passbild
  • gültiger Ausweis

Zusätzlich müssen die Eltern ein spezielles Formular ausfüllen und einreichen. Dieses dient dazu, die Schule von ihrer Unterrichtspflicht zu entbinden und diese formell auf den unterrichtenden Elternteil zu übertragen.

Seit der Reform von 2021 gilt zudem:

Wichtig: Der unterrichtende Elternteil muss mindestens einen Schulzyklus höher abgeschlossen haben als das Kind, das unterrichtet wird.

Beispiel: Wer ein Kind in der 3. Klasse (1.º ciclo) unterrichten möchte, muss selbst mindestens den 2.º ciclo (Abschluss der 6. Klasse) erfolgreich abgeschlossen haben. Die Qualifikation muss durch offizielle Zeugnisse oder Diplome nachgewiesen werden.

 

Gestaltung des Heimunterrichts

Freiraum und Verantwortung im eigenen Lernalltag

Die inhaltliche Gestaltung des Hausunterrichts liegt grundsätzlich in der Verantwortung der Eltern. Der Unterricht kann individuell organisiert werden – sowohl in Bezug auf Methoden als auch auf Zeitstruktur. In der Praxis bedeutet das viel Freiheit, aber auch eine hohe Eigenverantwortung.​

Allerdings wurde auch hier nachgeschärft:
Seit den letzten Anpassungen muss der Lehrplan klarer am nationalen Curriculum orientiert sein. Die Bildung der Kinder soll damit besser mit dem öffentlichen Schulsystem vergleichbar werden. Die Anforderungen an Lerninhalte und Kompetenzen sind damit gestiegen – insbesondere im Hinblick auf die späteren Prüfungen.​

Unterrichtsmaterialien müssen in der Regel selbst besorgt werden. Staatliche Schulen bieten in der Regel keine aktive Unterstützung bei der inhaltlichen Ausarbeitung. Viele Familien schließen sich daher privaten Homeschooling-Netzwerken oder Vereinen an, um Materialien zu teilen und sich gegenseitig zu beraten.

 

Prüfungen im Grund- und Mittelstufenbereich

Pflichtprüfungen zur Bildungsanerkennung (1.–9. Klasse)

Im Rahmen des Ensino Básico (1.–9. Schuljahr) müssen Kinder, die zu Hause unterrichtet werden, in bestimmten Jahrgangsstufen verpflichtend an nationalen Prüfungen teilnehmen. Diese dienen der Überprüfung, ob der häusliche Unterricht den Standards des öffentlichen Bildungssystems entspricht.​

Pflichtprüfungen finden statt in:

    1. Schuljahr
    1. Schuljahr
    1. Schuljahr

Die Prüfungen werden zentral organisiert und bestehen aus schriftlichen und ggf. mündlichen Tests, u. a. in Portugiesisch und Mathematik. Die Inhalte orientieren sich an den offiziellen Lehrplänen, weshalb eine enge inhaltliche Anlehnung an diese empfohlen wird.​

Die Prüfungen finden jährlich zwischen Mai und Juli statt.
Homeschooling-Schüler sind verpflichtet, an der ersten Prüfungsphase teilzunehmen (laut Despacho Normativo nº 5/2013).​

Nachprüfungen sind wie folgt möglich:

  • Schüler der 4. und 6. Klasse können bei Nichtbestehen in der 2. Prüfungsphase erneut antreten.​
  • Schüler der 9. Klasse dürfen sich nochmals in ausgewählten Fächern prüfen lassen, wenn dies für den Abschluss erforderlich ist.​

Seit Juli 2018 sind außerdem die Provas de Aferição für Homeschooling-Schüler verpflichtend.

Diese standardisierten Leistungstests finden im 2. und 5. Schuljahr statt und dienen der Lernstandserhebung – jedoch ohne Einfluss auf Abschlussnoten. In der Praxis ist ihre Umsetzung im Homeschooling teilweise noch uneinheitlich.

Benötigte Unterlagen für Prüfungen:

  • Anmeldeformular (boletim de inscrição)
  • Gültiger Ausweis
  • Impfpass
  • Zeugnisse bzw. frühere Nachweise über Gleichwertigkeit (equivalência)
  • bei Nachprüfungen fallen ggf. Gebühren an

 

Wege zum Schulabschluss in der Sekundarstufe

Optionen nach der 9. Klasse im Heimunterricht

Nach dem Abschluss des Ensino Básico stehen verschiedene Bildungswege offen, die in Portugal im sogenannten Ensino Secundário (10.–12. Klasse) organisiert sind. Auch hier kann der Unterricht weiterhin zu Hause erfolgen – vorausgesetzt, alle Anforderungen werden erfüllt.​

Zur Auswahl stehen:

  • Cursos científico-humanísticos: für Schüler, die ein Hochschulstudium anstreben (z. B. Naturwissenschaften, Sprachen, Sozialwissenschaften)
  • Cursos profissionais: praxisorientiert, mit technologischem oder beruflichem Fokus
  • Cursos artísticos especializados: für künstlerisch begabte Schüler
  • Individuelle Lehrpläne: in Ausnahmefällen möglich, mit Genehmigung

Schüler im Heimunterricht müssen den vollständigen Lehrplan der gewählten Richtung abdecken.

Die Abschlussprüfung kann auf drei Wegen erfolgen:

  1. Teilnahme an den regulären nationalen Abschlussprüfungen (Exames Nacionais)
  2. Prüfung zur Anerkennung des Bildungsstands durch Gleichwertigkeitsprüfung
  3. Einzelprüfungen in den jeweiligen Unterrichtsfächern (auf Basis der offiziellen Lehrpläne)

Nur durch das Bestehen dieser Prüfungen ist ein Abschluss der Sekundarstufe und damit die Hochschulzugangsberechtigung möglich.

 

Studieren nach dem Hausunterricht: Der Weg an die Universität

Was Homeschooling-Absolventen für die Hochschulzulassung in Portugal wissen müssen.

Für Homeschooling-Absolventen gelten für die Hochschulzulassung in Portugal grundsätzlich die gleichen Anforderungen wie für alle anderen Bewerber. Das bedeutet, dass auch Schüler, die ihre Schulbildung zu Hause abgeschlossen haben, die nationalen Prüfungen (Exames Nacionais) erfolgreich ablegen müssen, um sich für einen Studienplatz an einer Universität zu qualifizieren.

Nationale Prüfungen und das System für Hochschulzulassung

Wie bei Schülern aus dem regulären Schulsystem müssen Homeschooling-Schüler die Exames Nacionais für die entsprechenden Jahrgangsstufen bestehen. Dies umfasst die Prüfungen der 9. Klasse sowie in den höheren Jahrgängen, um die Gleichwertigkeit des schulischen Abschlusses zu bestätigen. Diese Prüfungen werden in den gleichen Fächern abgelegt wie für Schüler in traditionellen Schulen und umfassen unter anderem die Fächer Portugiesisch und Mathematik.

Zusätzliche Anforderungen je nach Studiengang

Je nach Studienrichtung, die der Homeschooling-Absolvent anstrebt, können bestimmte Prüfungsfächer vorgeschrieben sein. Beispielsweise müssen Studierende, die Ingenieurwissenschaften oder Architektur studieren möchten, zusätzlich Mathematik, Portugiesisch und eventuell andere spezialisierte Fächer nachweisen. Für medizinische Studiengänge ist es in der Regel erforderlich, Biologie oder Chemie zu bestehen. Die genauen Anforderungen hängen vom jeweiligen Studiengang ab und sollten daher frühzeitig in Erfahrung gebracht werden.

Bewerbung über das zentrale System

Die Bewerbung für einen Studienplatz erfolgt über das zentrale System für Hochschulzugang (Candidatura ao Ensino Superior). Dieses System ist sowohl für Schüler des regulären Schulwesens als auch für Homeschooling-Absolventen vorgesehen. Die Bewerbung umfasst die Einreichung der Ergebnisse der Exames Nacionais sowie weiterer erforderlicher Dokumente, wie z. B. Zeugnisse und Nachweise über die abgeschlossenen Prüfungen.

Die wichtigsten Punkte zusammengefasst: 

Erforderliche Prüfungen: Alle Homeschooling-Schüler müssen die Exames Nacionais bestehen, um sich für die Universität zu qualifizieren.

Studiengangspezifische Prüfungen: Je nach gewähltem Studiengang sind zusätzliche Prüfungen oder spezifische Fächer erforderlich

Zentrale Bewerbung: Die Bewerbung für einen Studienplatz erfolgt über das zentrale System Candidatura ao Ensino Superior, bei dem die Ergebnisse der Exames Nacionais eingereicht werden.

 

Weiterführende Links:

 

Gesetzliche Grundlagen des Homeschoolings in Portugal

Die gesetzlichen Regelungen zum Hausunterricht (Ensino Doméstico) in Portugal sind in mehreren offiziellen Rechtsquellen festgehalten. Hier sind die wichtigsten Gesetze und Verordnungen, auf denen das Homeschooling in Portugal basiert – inklusive der Vorschriften zu Anmeldung, Voraussetzungen, Prüfungen und Curriculum:

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