Stierkampf in Portugal

Der Stierkampf in Portugal ist – wie überall – nicht unumstritten.
Er gehört jedoch zum Land und ist eine Tradition, die immer noch sehr lebendig ist.

Vor allem im Ribatejo – dem Land nördlich des Flusses Tejo und östlich von Lissabon – findet man in jeder Gemeinde eine Stierkampfarena. Corridas – so nennt man den Stierkampf in Spanien und Portugal – gibt es aber auch im Alentejo, ja sogar an der Algarve (wobei es da eher der Belustigung der Touristen dient und weniger mit den alten Traditionen zu tun hat.)

Wichtig für alle, die einen Stierkampf besuchen wollen: Der Stier wird bei der portugiesischen Variante der Corrida in der Arena nicht getötet – Ausnahme ist die Gemeinde Barrancos im Süden, direkt an der spanischen Grenze. Hier findet aus Traditionsgründen der Stierkampf nach spanischer Art statt.

In Portugal sitzt der Stierkämpfer auf einem Pferd, und die Hörner des Bullen sind mit Lederkappen geschützt.

 
In der Praça de Toiros (Stierkampfarene) in Coruche/Ribatejo: Der Cavaleiro auf dem Pferd (oben) - und der Stier, dessen Hörner gepolstert sind.
Seit 1836 dürfen die Stiere in Portugal in der Arena nicht mehr getötet werden. 

 

Der Ablauf eines Stierkampfs in Portugal

Jede Tourada (das ist der portugiesische „Fachausdruck“ für Stierkampf) unterliegt einem festen Ritual. Sie geht auf den Marques de Marialva zurück, der von 1770 bis 1799 Stallmeister am königlichen Hof Portugals war.

Stets ist eine Kapelle anwesend, die nicht nur Beginn und Ende der Corrida akustisch anzeigt, sondern den Stierkämpfern auch Hinweise auf das Verhalten des Tieres gibt. Als erstes stellen sich die Mitwirkenden vor, in der so genannten Cortesía. Ein Tusch kündigt den Cavaleiro an, einen Reiter in der Kleidung eines Edelmannes des 18. Jahrhunderts: seidene Reithosen, Spitzenhemd und Jabot, Samtrock und Dreispitz. Die Pferde stammen meist aus der Lusitanozucht, häufig mit Araberblut. Sie gehören zu den ältesten Pferderassen der Welt und sind speziell für den Kampf gezüchtet und ausgebildet.

Pferd und Reiter sind in Portugal die Hauptpersonen – hochbezahlt und gefeiert wie Stars. Die Forcados kommen am Ende des Kampfes ins Spiel: ein Trupp von acht jungen Leuten, in ebenfalls prächtig bestickten Jacken, die es zu Fuß und damit sozusagen in Augenhöhe mit dem Stier aufnehmen.

Die Corrida beginnt, nachdem eine Gruppe von Stierkämpfern zu Fuß den Stier mit großen Capes abgelenkt hat. Erst danach beginnen Reiter und Pferd ihr aufregendes und wagemutiges Spiel. Trompetenklänge – der Bulle greift an, der Reiter galoppiert ihm entgegen. Erst kurz vor den angreifenden Hörnern setzt das Pferd wie im Tanz zur Seite. Der Reiter beugt sich weit nach vorne und setzt mit einer eleganten Drehung seiner Handgelenke zwei Banderilhos (kurze Pfeile) in den Nacken des Tieres. Der Bulle ist nicht ernsthaft verletzt, der Stich entspricht einem Nadelstich auf der Haut eines Menschen.

Drei- bis sechsmal geschieht das – und danach ist die Corrida zwischen Stier und Reiter zu Ende. Nun gibt die Kapelle der Pega – also den Forcados – das Zeichen.


Auge in Auge mit dem Bullen: forcado in Coruche bei der Pega

Der Anführer steht dem Bullen allein gegenüber, die Füße fest auf dem Boden, die Fäuste in die Hüften gestemmt. Schritt für Schritt geht er auf das Tier zu, erhebt sich auf die Zehenspitzen und ruft: „Toiro!“ Er ist unbewaffnet – nur die sieben Männer hinter ihm helfen ihm, wenn er den Bullen zunächst allein angegangen ist. Mit ihrem Körpergewicht überwältigen sie den Bullen. Am Ende kommt der repuxador ins Spiel, der sich mit seinem ganzen Gewicht an den Schwanz hängt und so die Beweglichkeit des Stieres einschränkt. Danach steht der Stier ganz ruhig – der Kampf ist zu Ende. Die Campinos treiben den Bullen nun aus der Arena. Geht er nicht von alleine, schickt man eine Herde Jungtiere hinein, denen er dann willig folgt.

Auf dieser Website (auf Portugiesisch) kann man sowohl Reglement wie Geschichte, aber auch die Agenda der Corridas in Portugal abrufen. Für die Arena in Lissabon, den Campo Pequeno, gibt es Karten auch bei Ticketline zu kaufen (in der Spalte unter „Tauromaquia“ nachschauen“)


Campo Pequeno - die Stierkampfarena Lissabons

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